Chamonix-Kandersteg-Sertig, März 2013

Vom 3. – 8. März war ich mit Sven in Chamonix. Großes hatten wir vor, doch wie so oft kam dann deutlich weniger dabei heraus. Doch von Eins nach dem Anderen…

Am Dritten reisten wir in meinem geliebten Busle an, asselten uns auf den Parkplatz der Grands Montets-Seilbahn in Argentiere breit und genossen feinen aufgewärmten Rehbraten von Muttern.

Am nächsten Tag fuhren wir hoch, machten „zum Aufwärmen“ die Petit Aiguille Verte-Nordwand (ein mickriges 100m-Wändchen oberhalb der Bahnstation).

Ich hatte die depperte Idee, mit vollem Rucksack und Skiern hoch zu klettern, um danach die 50° steile Wand abzufahren. Was die Sache brutalst anstrengend machte, aber gut. Oben kam noch eine nette Mixed-Stelle, bevor sich der „Gipfel“ als eine Ansammlung von Zacken auf dem Grat zur Aig. Verte herausstellte.

Also definierten wir einfach einen der Zacken als Gipfel, bestiegen ihn und drehten dann um. Die „Abfahrt“ auf teils verharschtem, teils mit Triebschnee angefüllten Eis gestaltete sich dann nicht so elegant und heroisch wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich zitterte ziemlich unelegant die Wand runter, ein Mal hätte es mich fast gespickt. Sven hatte noch größere Probleme, da die Kanten seiner alten Ski schon bessere Tage gesehen hatten…

Hier ein Blick auf das äußerst finstere Couloir zwischen Petit und Grand Drus:

Hernach fuhren wir auf den Gletscher runter und stiegen im großartigen Argentiere-Becken auf die gleichnamige Hütte zu.

Am nächsten Morgen standen wir um 4:00 Uhr auf, machten uns fertig und marschierten ins hinterste Eck des Argentiere-Beckens. Die „Petit Viking“ am Pointe Domino war unser Tagesziel.

Während des dreistündigen Zustiegs brach der Tag an und die gegenüberliegenden Gipfel wurden in großartiges Sonnenaufgangs-Licht getaucht:

Auf unserer Talseite hatte die Nacht noch das Sagen, kalt war´s. Unsere Tour beginnt an dem markanten dreieckigen Schneefeld in Bildmitte.

Wir waren wohl etwas langsam, jedenfalls überholten uns kurz vor dem Einstieg zwei Franzosen und stiegen auch vor uns in die Tour ein. Am Anfang schmissen sie noch eifrig mit Eis nach uns. Bald mussten sie jedoch einsehen, dass der Teutone sich davon nicht abschrecken lässt, so sind sie dann fluchtartig unseren Blicken nach oben entschwunden.

Der Bergschrund ist wohl recht berüchtigt. Heute gab es auf der linken Seite jedoch eine kleine Schneebrücke, die den Zugang zum Gully erleichterte. Ich durfte diese Länge führen, Sven wühlte sich dafür die folgende Schneerinne hoch.

Ich führte die restlichen Längen. Zuerst querte ich von Svens Stand im Tiefschnee in die Falllinie zurück und ging über Trittfirn zum Beginn der Eisrinne. Dann folgte echter Genuss: Eine gut ausgehackte dünne Eisspur führt in einigen Aufschwüngen hinauf.

Die gelegentlichen Spindrifts, die vom starken Wind über den Grat über uns geweht wurden und sich in unserer Rinne sammelten, trugen zur allgemeinen Erfrischung bei. Zu Beginn der 7. Seillänge hat es mich jedoch derart stark eingeduscht, dass mein Körper durch den Schneedruck von der Wand weg gedrückt wurde. Auch die Ärmel meiner Hardshell füllten sich langsam mit Schnee, sodass ich bald prall ausgestopft war.

So weiter zu klettern ist ziemlich unangenehm und auch gefährlich, man kann ja das Eis vor lauter Schneestrom nicht mehr sehen. Deshalb übten wir uns in der Hasenfuß-Taktik und machten einen Rückzieher.

Zur Hütte zurück ging´s dann zügig: Der Gletscher hat immer gerade so viel Gefälle, dass man ziemlich lässig runter fahren kann.

Die Sonne verschwand gerade hinter der beeindruckend wuchtigen, 1200m hohen Droites Nordwand, als wir auf der Argentiere-Hütte unsere restlichen Sachen packten und uns für einen Ruhetag ins Tal zurückzogen.

An den darauffolgenden 3 Tagen herrschte Föhnsturm, keine Chance, vernünftig zu Klettern. Also gammelten wir im Tal rum, bummelten ein bisschen in Chamonix. Dabei hab ich die teuersten Eisgeräte in die Hand genommen, die ich je gesehen habe: Krass geformte Grivels mit Karbonschaft für 460€. (für EINEN Pickel!) 😀

Am dritten Föhnsturmtag stiegen wir wieder zur Argentierehütte. Während des Zustiegs trafen wir auf zwei leicht verplante aber lustige Spanier.

Am nächsten Tag war gutes Wetter vorhergesagt. Als um 4 Uhr der Wecker klingelte, tobte draußen der Sturm unvermittelt weiter, weshalb wir uns wieder hin hauten. Um 9 war dann strahlender Sonnenschein. Jetzt war es allerdings schon reichlich spät für eine gescheite Tour. Wir schauten uns noch das „Minaret Gully“ an der Aiguille du Chardonnay an. Diese sehr steile, südexponierte Rinne war in der letzten Woche mit ihrem Kaiserwetter jedoch ordentlich rausgeschmolzen, sodass die erste Seillänge aus einer überhängenden Rissverschneidung bestand. Mit unserem spärlichen Fels-Gear wollte ich da nun wirklich nicht hoch (in Skischuhen mit Steigeisen schon gar nicht, Kletterschuhe hatten wir natürlich keine dabei).

Also fuhren wir wieder ab zum Bus. Die vergangenen 3 Tage Sturm waren zwar für Alpinisten lästig, haben aber dafür bizarre Schneeverwehungen in die Landschaft gestellt.

Da die ganze nächste Woche sehr schlechtes Wetter vorhergesagt war, entschlossen wir uns dazu, dem Eiskletter-Mekka Kandersteg einen Besuch abzustatten. Gesagt, getan: Zwei Stunden später waren wir vor Ort. Nur um festzustellen, dass starkes Tauwetter die gut stehenden Fälle ziemlich gefährlich gemacht hatte. Ich stieg halbherzig in einen Fall ein. Nachdem über mir ein ordentliches Eisstück abgebrochen und runter gerauscht war, verging mir die Vorstiegsmoral gründlich und wir fuhren weiter in Richtung Heimat. Wir parkten und nächtigten am Vierwaldstätter See nahe Luzern.

Am Freitag machten wir noch einen Abstecher ins Sertig. Wunderschönes Wetter, doch auch hier war es sehr warm.

Die Fälle stehen dick da, waren aber sehr weich und schwierig abzusichern. Gelegentlicher Steinschlag von den Felsen dazwischen würzte die Sache mit alpinem Flair… Dennoch machten wir ein bisschen was. Sven stieg die erste Seilllänge rechts der großen Säule, ich zitterte mich die große Säule halb hoch.

Alles in Allem war unser Trip in Sachen Touren nicht gerade ertragreich. Aber wir hatten trotzdem viel Spaß, allein das Argentiere-Becken zu erleben ist absolut grandios. Danke an meinen Begleiter Sven! Die Mont Blanc-Region ist ja für ihr schlechtes und sprunghaftes Wetter berücktigt, das muss man einfach mit Humor sehen:

Über Bene

I bin da Scheef vo dera Seitn do!
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